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Messer
Maria Renhardt in SCHRIFTzeichen, Mai 2002:
Schönsein ist mehr. Die weibliche Orientierung
an (männlich definierten) ästhetischen
Normen und das Hinauszögern der sichtbaren Kondensate
des Alters durch sogenanntes bodysculpturing ist
heute bereits zu einem Massenphänomen geworden.
Hochglanzmagazine bewerben den perfekten, zurechtgestylten,
herzeigbaren Körper. Glatt, furchenlos, ohne
Makel. Da wird geschnipselt, aufgespritzt und modelliert.
Das Messer kennt keine Gnade. Keck brennt man Individualität
aus Haut und Körper.
Bettina Balàka geht in ihrem neuen Essay einer
vielschichtigen Entblößung des Menschen
auf den Grund und filtriert daraus souverän
Symptome einer durchsichtig gewordenen Zeit. Wenn
kein Fleck von Seele und Körper mehr heilig
bleibt, das Innerste sich schnöde nach außen
stülpt, steht es an, diese neu gewonnene sexuelle
Freiheit, die Balàka als eine Variante körperlicher
Verfügbarkeit und Verformung entlarvt, einem
mikroskopischen Blick zu unterziehen. Dabei weist
sie auch auf das Versagen der Kunst hin, die Sexualität
und Nacktheit nicht mehr als Provokation einzusetzen
vermag, sondern zum "Mitläufer", ja
vielmehr zum "Hinterherläufer" geworden
ist. Bettina Balàka rückt der Gesellschaft
mit einer scharfsinnigen Diagnose zu Leibe. Ihre
hellwache Analyse zeigt, dass das, was vermeintlich
unter weiblicher "Selbstbestimmung" kursiert,
hinter dem gelüfteten Schleier schlicht als "Neukonstitution
des Patriarchats" zutage tritt. Und "Massenindividualismus" ist
ohnedies zur "Massengleichartigkeit" mit
immer neuem Reizschwellenkitzel geworden. Bleibt
die "enttäuschende Suche nach der großen
Emotion". Für Messer hat Balàka
den Ö1-Essay-Preis 1999 bekommen.
Helmut Gollner im Falter 42/2000:
Bettina Balàka hat sich in einem 30-Seiten-Essay
die Wut von der Seele geschrieben, die ohnmächtige
Wut über den Verkauf der weiblichen Emanzipation.
Die erreichte Freiheit stelle sich unter dem Diktat
der allmächtig gewordenen Marktgesetze als
der industrialisierte Zwang heraus, so zu werden
wie alle anderen, und sei es auch unter dem Messer
des Schönheitschirurgen. Damit seien genau
die Verhältnisse wiederhergestellt, von denen
man sich befreien wollte: Verstümmelung des
weiblichen Körpers für und Verkauf an
den Mann. Der Kapitalismus macht alles zur Ware
und jeden zum Käufer/Verkäufer: die sexuelle
Freiheit zum Porno-Sortiment, die Künstler
zu freien Mitarbeitern der Sex-Industrie, das Fernsehen
zum Exhibitionsladen. Das Jahrhundert der Frauenemanzipation
habe nichts anderes als den finalen Sieg des trickreichen
Patriarchats gebracht, das den Frauen die Verdinglichung
ihres Körpers als Form der Selbstbestimmung
angedreht habe.
Patriarchat und Kapitalismus werden dabei von Balàka
in eins gesetzt, aber wahrscheinlich kann man das
tun.
Tomas Gärtner in den Dresdner
Neuesten Nachrichten, 1./ 2. September 2001:
Bettina Balàka hat tief in die Kultur der
Gegenwart geschaut und ihre Bilanz fällt bitter
aus: Alles ist erforscht, alles kartographiert.
Keine Geheimnisse mehr. Die Dickichte abgerissen,
darunter nur noch Gestein - "die Wüsten
liegen bloß".
Ihre Analyse ist scharfsinnig und scharfzüngig
zugleich. Bettina Balàka spitzt zu, ist
sarkastisch. Empört schleudert sie uns das
grelle Bild unserer Spaß-Kultur vor die Füße.
Eine Wut, aus der man die Sorge heraushört über
den drohenden Verlust dessen, was den Menschen
ausmacht: Individualität als Unverwechselbarkeit
etwa, auch Reichtum der Sinne.
Gefährdet sind in Balàkas Augen vor
allem Frauen. Ihren Körpern droht "Verfügbarkeit
und Verformung". Europa zeigt helles Entsetzen über
Genitalverstümmelungen in Afrika, dabei zerschneiden
auch hier Messer den weiblichen Körper - die
der Schönheitschirurgen. Balàka: "Werden
bei uns nicht Millionen von Brüsten aufgeschnitten
und mit Säcken voll toxischer Chemikalien
gefüllt?" Zwar vermeidet sie den Begriff,
aber es ist deutlich genug: Hier geht es um eine
Form von Gewalt.
Das Korsett, einst mit triumphierendem Durchatmen
abgeworfen - für Balàka ist es nicht
verschwunden, nur gewandert: in die Seele, in den
Körper der Frauen. Statt ihn gelten zu lassen,
wie er ist, machen sie ihn zu einer Ansammlung
von Problemzonen. Allesamt behandlungsbedürftig: "Epilation,
Diät, Aerobics, Peelings, Massage, Solarium,
Hairstyling, Maniküre, Make-up und De-Make-up
halten uns zeitlebens beschäftigt." Die
Männer geben die Ideale vor, die Frauen formen
sich danach. Und sie betreiben die Selbstverstümmelung
auch noch freiwillig. Hundert Jahre Frauenbewegung?
Ach was. Der "Gesamtsieg des Patriarchats" ist
perfekt. Die Frauen verstümmeln und verkaufen
ihren Körper wie ehedem, nur deuten sie es
heute als "Zeichen ihrer Selbstbestimmung
und Stärke" um, in eine Form von Freiheit.
Dabei geht es um nichts anderes als Anpassung.
Die freilich ist nicht allein ein Problem von Frauen.
Auch wenn Balàka ihren Blick vornehmlich
auf sie konzentriert, denn da zeigt es sich für
sie am krassesten. Aber sie schaut auch auf die
gesamte Gesellschaft: "Das Zeitalter wurde
als eines des Individualismus angekündigt,
doch mehr denn je heißt Identität heute
Identischsein." Gleichzeitig tobt sich in
den Talkshows ein enthemmter Mitteilungsdrang aus.
Das Innerste wird nach außen gewendet. Balàka: "der
Mensch als durchschaute Seele".
Soweit der Furor ihrer Zustandsanalyse. Wo das
hindriftet, vermag Balàka nicht zu sagen.
Spekulieren über eine mögliche Zukunft
will sie nicht. Und Ratschläge geben schon
gar nicht.
Helga Pankratz in an.schläge,
Juni 2001:
Von
bündiger Lyrik bis zum langen Atem des
Romans: Bettina Balàka hat in fast allen
literarischen Gattungen etwas zu sagen; inhaltlich
wie stilistisch stets spannend, subtil und auf
hohem Niveau. Dabei gelingt es ihr, sich mit ihrer
Sprachkunst nie in künstliche Geschraubtheit
zu versteigen. Bei aller Komplexität bleiben
ihre Bilder nachvollziehbar, ja geradezu "allgemein
verständlich". Kein Wunder, daß die
1966 geborene Dichterin schon so gut wie alle Literaturpreise
erhalten hat, die es in Österreich zu gewinnen
gibt. Kein Wunder auch, daß sie sich als
gute Essayistin erweist. In "Messer" setzt
sie sich mit dem Schönheitsdiktat auseinander,
das Frauen chirugische Verstümmelungen und
diätetische Auszehrung nahelegt. Es ist ein
wahres Vergnügen zu lesen, wie da eine in
so geschliffener Sprache aufräumt mit den
neoliberalen Beschönigungen der Tatsache,
daß das Patriarchat des 21. Jahrhunderts
- kommerziell erfolgreich - die Messer wetzt und
sich die Frauen nach Lust und Laune beschneidet
und formt, begradigt und zurechtstutzt. Der "In
memoriam Lollo Ferrari" gewidmete Essay "Messer" wurde
mit dem Ö1-Essay-Preis ausgezeichnet und ist
als schmales Bändchen im Literaturverlag Droschl
erschienen.
Tim Schomacker in Stint Nr. 27/ 2000:
Die Österreicherin Bettina Balàka setzt
mit einem schlicht Messer betitelten Essay einen
gekonnten Schnitt. Als Vorsatz: die Widmung an
das Kunstprodukt Lolo Ferrari. Die war gleich zweifach
hinter ihren Körper zurückgetreten, ihn
der Versehrung preisgebend. Als Silikonzwischenlager
zunächst, Männerfantasie - welche Männer?!
- und dann, als Kadaver, Objekt in der Mitleidproduktionsmaschine,
die in Wort Bild Ton genau die "menschliche
Tragödie" abfeierte, die sie selbst hervorgebracht
hatte. Der inhärenten Lodgik folgend, waren
alle, die Mitleid hatten - völlig unabhängig
von der Frage nach der Heuchelei - gleich wieder
mit im Spiel. Etwa wie man die Talkshow nur als
Ganzes kritisieren kann, nicht aber einzelne dort
vertretene Positionen, wie immer die auch aussehen.
In diesen Zwiespalt zieht uns Balàka mit
der Nennung des Namens/ der Ikone. Was ist wahr,
was wirklich?
Balàka versucht in ihrem von einem aggressiven
Duktus getragenen Essay, Körper zu retten.
Gegen die verbale, innere Kolonisierung im Talkshowsprech,
gegen die Sezierung der populärwissenschaftlichen "Körperwelten" und
gegen den oberflächlichen Blick, der - als
Schönheitsdiktat - die Versehrung durch so
genannte kosmetische Chirurgie legitimisiert. Sie
kritisiert die "Verfügbarkeit und Verformung
der Körper" und macht nicht zuletzt deutlich,
welch eurozentrischer Chauvinismus sich hier im
vermeintlich postkolonialen Zeitalter verbirgt. "Weibliche
Genitalverstümmelung etwa ist kein dunkles
afrikanisches Geheimnis mehr, sondern wird im internationalen
Licht [man beachte die Konnotation des Pornografischen]
beleuchtet und angeprangert. Doch während
wir - zu Recht - solche Praktiken als barbarisch
bezeichnen und abzuschaffen hoffen, überschmunzeln
wir gleichzeitig das Ausmaß, in dem bei uns
Messer die weiblichen Körper zerschneiden."
Die Presse am 10. Februar 2001:
Nur Körper, ohne Persönlichkeit und Geschichte
und Mitspracherecht. So photographierte Leni Riefenstahl
ihre "perfekten Menschen". Und genauso
fühlte sich die Bestsellerautorin Waris Dirie
sowohl als beschnittene Afrikanerin als auch als
Model im Westen behandelt, wo ihr geraten wurde,
sich ihre "krummen Beine" operieren zu
lassen. "Der unretuschierte Körper kommt
in der Öffentlichkeit nicht vor, denn seine
Darstellung gilt als obszön", schreibt
Bettina Balàka in ihrem polemischen Essay
Messer.
Petra Nachbaur in Der Standard, 3. Februar
2001:
" Und diese Fähigkeit des Patriarchats,
die Frauen immer wieder derart genial zu verarschen,
daß sie es immer wieder fressen und kaufen,
und dieser umfassende Gesamtsieg des Patriarchats
nach hundert mühsamen Jahren der Frauenbewegung,
den angeblich niemand bemerkt hat, [...] ist so
beeindruckend und überwältigend, daß man
nur in einen tiefen Hofknicks sinken kann und seufzen:
Taktisch, Burschen, und strategisch und überhaupt,
seid ihr uns so unglaublich überlegen, daß wir
hiermit Stimmen und Hände senken und resignieren."
Nein, das ist kein Zitat aus einer Laudatio zum
Antritt des neuen österreichischen Frauenministers
aus der Burschen-Partei. Dieser so aktuell wirkende
schriftliche Sager stammt aus Messer, dem preisgekrönten
Essay der Schriftstellerin Bettina Balàka.
Und von Hofknicks und Seufzen ist dort nichts zu
bemerken, keine Spur von Hände und schon gar
nicht Stimme senken. Im Gegenteil. Eher Kickboxen
als Hofknicks, mehr Schnauzen als Seufzen zeichnen
den Essay aus, der sich Luft macht in einem rasanten,
zornigen Aufwaschen (was nichts mit der Arbeitsteilung
zu tun hat!) mit gesellschaftlichen Strukturen,
die uns alle laut Balàka sehr gut im Griff
haben.
In seiner Wut und seinem böse und pessimistisch
analytischen Blick kann Bettina Balàkas
Essay locker mithalten mit der Qualität einer
Elfriede Jelinek. Verschärfend wirkt bei Balàka,
dass sie keine wie auch immer montierte Fiktion
entwirft, um die Realität zu demaskieren.
Sie bleibt gleich bei "Reality", die
ohnehin von TV, Medien, Kommerz und den damit verbundenen
Bildern und Ideologien dominiert wird. Blind ist
unsere Gesellschaft, diagnostiziert Balàka,
auch für Maßnahmen der Domestizierung
der Körper. Während sehr wohl protestiert
wird gegen menschen-, insbesondere frauenverachtende
Praktiken "fremder Kulturen", werden
Phänomene der körperlichen Eingriffe
und Korrekturen im Rahmen hochzivilisierter Wohlstandsgesellschaften
hierzulande gerne "überschmunzelt",
so Balàka. Verharmlost oder weggegrinst
wird die Tatsache, dass ein florierender Markt
der Schönheitsindustrie existiert und expandiert.
Dieser entdeckt zwar nach und nach auch den männlichen
Körper für sich; das als Argument für
eine quasi "Ausgewogenheit" zu verwenden,
sei jedoch angesichts der Relationen schlichtweg
lächerlich. Der Clou am System besteht für
die Autorin darin, dass den Frauen vorgemacht wird,
es sei nachgerade Ausdruck ihrer Freiheit, sich
als Zahlende und zu Behandelnde dem "Angebot" zu
stellen. So wird nicht nur die kapitalistische
Maschinerie kaufkräftig belebt, sondern doppelt
teuer bezahlt mit einem hohen Ausmaß an Autonomieverlust,
mit der Aufgabe von Selbstbestimmung, mit einem
neuen Pflichtenkatalog von sexueller Meisterleistung
bis zu meistbietendem Öffnen, Darstellen,
Preisgeben, zum Ausweiten der Problemzone ins Unermessliche.
In Wien gibt es seit geraumer Zeit eine "Botschaft
besorgter Bürgerinnen und Bürger".
Eine solche ist auch Balàkas Essay.
Petra
Nachbaur in Literaturhaus Online, 6. September
2000:
http://www.literaturhaus.at/buch/buch/rez/balakamesser/
Ilse
Kilic in AUF III/ 2001:
Bettina Balàka schrieb mit "Messer" einen
zornigen und eindringlichen Text gegen das normierende
Instrumentarium der (plastischen) Chirurgie, gegen
den Zwang, schön sein zu müssen, wobei
Schönheit stets aus männlich patriarchialen
Vorstellungen konstruiert ist. Sie schreibt gegen
das scheinbare Überwinden von Tabus, etwa
in Talkshows, wo gemeint wird, über alles
reden zu können, während in Wirklichkeit
nur stereotypisch der falsche Text vom längst
befreiten Menschen abgespult und das tragische
Mißverständnis körperlicher Selbstentfremdung
neu inszeniert wird. Denn frei ist eben nicht die "schöne" Frau,
die ihren Körper unterm Messer modellieren
ließ, frei ist in diesem Kontext eigentlich
niemand, weil es innerhalb der Vermarktung von
Körper und Persönlichkeit keine "Freiheit" geben
kann.
Der Text von Bettina Balàka beschreibt einen
Zustand, liefert aber nicht die Erklärungen,
und das ist gut so. Denn die Fragen, die der Text
aufwirft, zu beantworten, würde einerseits
den Rahmen des Essays sprengen, aber auch die Antworten
vorwegnehmen, die jede einzelne beim Lesen finden
wird. Und das wäre schade, denn diese Fragen
sind vielschichtig und ambivalent und die Antworten
müssen wohl ebenso sein.
Wo fängt die Freiwilligkeit an? Wo hört
sie auf? Sind alle Frauen, die solche Operationen
an sich machen lassen, im Prinzip als blutige Opfer
zu verstehen? Wie ist es mit denen, die ihrer "Schönheit" mit
Lippenstift und Make-Up nachhelfen? Haben sie einfach
genug "schönheitsideal-konforme" Voraussetzungen,
um unblutig zu einem "befriedigenden" Ergebnis
zu kommen, streben aber im Prinzip das gleiche
an und sind also in gewisser Hinsicht von der Natur
begünstigte, aber gleichwohl Opfer?
Wie ist es mit der Umkehrung? Etwa der punkigen
Antwort einer inszenierten "Häßlichkeit"?
Wie wären in diesem Spannungsfeld des "ernsten" Spiels
der Identitäten Künstlerinnen wie die
Französin Orlan einzuschätzen, die sich
vor laufenden Kameras operativ zu einem von Computern
aus verschiedenen historischen Vorlagen gesampelten
Portrait gestalten läßt? In einem Fernsehinterview
sagte die Künstlerin: "Alle nannten mich
ein hübsches Mädchen. Ich hatte das Gefühl,
das habe nichts mit dem zu tun, wie ich mich fühlte."
Wieweit stehen Fitneßstudios und die dort
stattfindenden Versuche, den Körper zu kontrollieren,
im Zusammenhang mit naiv fantasierten "Entwirf-dich-selbst"-Mythen,
die den Körper in bisher nie gekanntem Ausmaß als
Variable definieren?
Eine Bekannte von mir hat vor vielen vielen Jahren
ja gesagt zu einem chirurgischen Korrekturverfahren.
Eingehend war zuvor diskutiert worden. Mit dem
vermeintlichen körperlichen Mangel leben lernen,
also Psychotherapie - oder in den sauren Apfel
beißen und dann vielleicht so aussehen, wie
sie sich selbst imaginiert hatte, eine Imagination
natürlich, die nicht nur aus ihrem eigenen
Innen, sondern auch aus vielfältigen Zwängen
rundherum entstanden war... Auch die Ablehnung
des vermeintlich mit Mangel behafteten Körperteils
anästhesiere ihn, mache ihn gefühllos,
so argumentierte sie durchaus einsichtig ihre Entscheidung.
Bei ihr ist alles gut gegangen - ein teures Glück?
Ein Glück, das es den anderen mit vermeintlichen
Mängeln behafteten Frauen nicht grad leichter
macht? Mag sein. Aber wieweit kann und darf man
von jemand verlangen, eine Möglichkeit, sich
das Leben leichter und schöner (?) zu machen,
nicht zu ergreifen? Opfer in vermeintlicher Freiwilligkeit?
Mittäterin? Wie? Warum? Nicht?
Interessant ist im Zusammenhang mit dem Blick auf
den eigenen Körper sicher die Rolle des Spiegels,
der den zur "Unbarmherzigkeit" erzogenen
eigenen "kritischen" Blick auf den eigenen
Körper vielleicht nicht nur möglich macht,
sondern auch aus- und weiterbildet und - darin
im übrigen vergleichbar mit der Waage - zum
geradezu unentbehrlichen Kontrollinstrument wurde.
Und immer wieder ist es die Frage nach den Grenzen
der Freiwilligkeit und der Herkunft der Wünsche.
Und schließlich: wer kontrolliert uns, wenn
wir meinen, uns selbst zu kontrollieren? Und wer
kontrolliert uns, wenn wir meinen, uns nicht zu
kontrollieren?
Wir müssen immer weiter und weiter fragen,
um zu verstehen, was es ist, das Frauen in die
Kosmetiksalons und Operationssäle treibt -
das soll uns nicht daran hindern, die Kapitalinteressen
zu kritisieren, die diesen Wunsch nicht nur ausbeuten,
sondern auch ankurbeln, immer wieder ankurbeln
und immer wieder ausbeuten.
In diesem Sinne sei neben Bettina Balàkas
Essay "Messer" auch das Buch von Barbara
Duden, "Der Frauenleib als öffentlicher
Ort", erschienen bei Luchterhand, empfohlen.
Hier geht es um Visualisierungen des Körpers,
um seine Darstellung im Rahmen medizinischer Diagnoseverfahren
und die Auswirkungen, die diese Darstellungen auf
die Körperwahrnehmung selbst haben.
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